Die Zeit geht ihren leisen Gang, als stünde sie still. Ein Blick aufs Zifferblatt bestätigt es. Selbst, wenn ich mich als winzig kleiner Zwerg auf einer der Zeiger setzen würde für die Mitfahrt, ich würde nichts davon bemerken. Da bewegt sich nichts. Der kleine und der grosse Zeiger stehen stramm – bockstill! Das Blatt dahinter ist weisslich-silbrig. Die Ziffern und die Zeiger sind aus Messing. Halt! Die kenne ich doch! Bestimmt! Es sind die der guten, alten Stubenuhr meiner Eltern! Wie die gute, alte Zeit dahin schlendert! Der fortwährend stille und sichere Lauf! Doch dann, der Schein trügt: Schnell zurück! Die Kraft der Zeit fällt plötzlich als ein Sturzbach hernieder. Das weisslich-silbrige Zifferblatt liegt nun wie ein grosser, brodelnder Wassertopf einer Turbine vor mir. Oder wie ein heftiger Wendewirbel in der Schlucht eines Bergbachs! Statt der stillen Zeiger donnert und tobt Wasser im Kreis herum! Gottlob gefasst in diesem Becken! Mensch, dieses Getöse! Gut, stehe ich ausserhalb! Vorsichtig trete ich einige Meter zurück! Gebannt blicke ich in dieses Ungetüm. Auch in meiner menschlichen Statur fühle ich mich jetzt als winzig kleiner Zwerg. So schell und heftig ändert der Lauf der Zeit. Wer hätte so etwas je gedacht? Es kann unmöglich länger mit Ziffern und Zeigern angezeigt werden, die sind nirgends mehr. Ich blicke noch schnell auf die Armbanduhr, die ich vor langer Zeit irgendwo verloren habe. Schubartig und geballt erfasst mich diese „erneuerbare“ Energie. Was ein winzig kleines Virus bewirken kann! Es brodelt in der Welt, dafür steht die Zeit für einmal still. (Wachtraum 16.3.2020)